Wie funktioniert ein ADHS-Gehirn wirklich?

ADHS Gehirn Funktion

Warum einfache Erklärungen oft zu kurz greifen

Viele Texte über ADHS behaupten, das Problem liege in einem chemischen Ungleichgewicht im Gehirn oder an einem Dopaminmangel. Solche Formulierungen klingen wissenschaftlich – sind aber längst überholt.
Heute wissen wir: Es gibt nicht „das ADHS-Gehirn“.
Vielmehr existieren viele unterschiedliche Arten, wie Menschen Reize verarbeiten, sich konzentrieren, Emotionen regulieren und Entscheidungen treffen.

Wie das Gehirn grundsätzlich arbeitet

Das Gehirn ist kein starrer Apparat, sondern ein lernendes Netzwerk, das sich ständig verändert.
Es verarbeitet Reize, bewertet sie emotional und entscheidet dann, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten.

Drei große Systeme spielen dabei zusammen:

  • Default Mode Network (DMN): aktiv beim Nachdenken, Tagträumen oder innerem Abschweifen

  • Task-Positive Network: aktiv beim fokussierten Arbeiten

  • Belohnungsnetzwerk (Striatum): reagiert auf Motivation und Dopamin

Untersuchungen zeigen, dass bei vielen Menschen mit ADHS diese Netzwerke nicht immer klar voneinander getrennt arbeiten.
Das heißt: Das „Tagträum-Netzwerk“ (DMN) bleibt manchmal aktiv, obwohl das Gehirn eigentlich auf eine Aufgabe fokussiert sein sollte.
Dadurch kann Aufmerksamkeit schneller springen oder schwerer stabil bleiben.
Forschende sprechen hier von einer veränderten funktionellen Vernetzung im Gehirn; einem Muster, das zwar häufig, aber nicht bei allen Betroffenen vorkommt.
Es beschreibt also keine feste Störung, sondern eine andere Art der Aktivitätssteuerung, die je nach Situation hilfreich oder hinderlich sein kann.

Was bei ADHS anders ist – und was nicht

Typische Herausforderungen sind:

  • Schwierigkeiten mit Aufmerksamkeit und Zeitgefühl

  • Impulsivität und starke emotionale Reaktionen

  • Probleme, Routinen einzuhalten oder Belohnungen aufzuschieben

Gleichzeitig zeigen viele Betroffene:

  • Kreatives Denken und ungewöhnliche Lösungswege

  • Hohe Energie, wenn etwas Sinn macht

  • Schnelle Mustererkennung und starke Intuition

Diese Gegensätze sind Teil derselben Funktionsweise:
Ein ADHS-Gehirn reagiert stark auf Bedeutung und Interesse. Wenn eine Aufgabe spannend ist, entsteht Energie. Wenn sie sinnlos erscheint, versiegt sie.

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Wie das eigene Gehirn am besten arbeitet

Viele ADHS-Betroffene sagen: „Ich funktioniere gut, wenn ich mich sicher und interessiert fühle – nicht, wenn ich mich zusammenreißen muss.“

Hilfreiche Bedingungen sind:

  • Klare Ziele und sichtbare Zwischenschritte

  • Bewegung im Alltag, statt stundenlanges Sitzen

  • Regelmäßiges Feedback, um Motivation aufrechtzuerhalten

  • Emotionale Sicherheit statt ständiger Kritik

Was die Arbeitsfähigkeit bei ADHS am meisten stört, ist eine Mischung aus Überforderung und Unterforderung. Zu viele Reize, zu wenig Bedeutung; das erschöpft jedes Nervensystem.


Strategien für gehirngerechtes Arbeiten

„Gehirngerecht“ bedeutet: das eigene System verstehen und nutzen, statt es zu bekämpfen.

Hilfreiche Strategien:

  • Aufgaben in kleine, sofort belohnende Schritte aufteilen

  • Einfach anfangen, statt auf Motivation zu warten

  • Bewegung, Musik oder Sprache als Aktivierungs-Tools nutzen

  • Externe Struktur einsetzen: Kalender, Listen, Timer

  • Selbstmitgefühl üben: Schwankungen gehören dazu

So entsteht ein Arbeitsalltag, der ADHS-gerecht und energiesparend ist. Ohne Selbstoptimierungsdruck.

Was die Forschung sagt – und was noch offen ist

GesichertNoch unklar
ADHS hat eine genetische und neurobiologische BasisKein eindeutiger Gehirnmarker
Motivation, Belohnungsverarbeitung und Dopamin spielen zentrale RollenDie Theorie des „chemischen Ungleichgewichts“ ist überholt
Beziehung, Stress und Umfeld beeinflussen Symptome starkWie individuell Anpassung gelingt, ist kaum erforscht
Das Gehirn ist formbar (Neuroplastizität)Jede Person zeigt ein einzigartiges Muster
Hinweis zur Forschungslage:

Die folgenden Studien bieten einen Überblick über den aktuellen Stand der internationalen ADHS-Forschung. Sie zeigen übereinstimmend, dass es biologische Grundlagen und typische Aktivitätsmuster im Gehirn gibt – diese aber nicht als starres oder krankhaftes Merkmal verstanden werden dürfen. ADHS wird heute als neurobiologisch verankerte, aber veränderbare Disposition betrachtet, deren Ausprägung stark von Umwelt, Erfahrung und Beziehung abhängt.

Quellen:
Greven, C. U. et al. (2018). Neuroimaging of ADHD: A translational perspective. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 87, 317–327.
Castellanos, F. X. & Aoki, Y. (2016). Intrinsic functional connectivity in ADHD: A science in development. Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging, 1(3), 253–261.
Rubia, K. (2018). Cognitive neuroscience of ADHD and its clinical translation. Frontiers in Human Neuroscience, 12, 100.
Sonuga-Barke, E. J. S. & Castellanos, F. X. (2007). Spontaneous attentional fluctuations in impaired states and pathological conditions: A neurobiological hypothesis. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 31(7), 977–986.
Konrad, K. & Eickhoff, S. B. (2010). Is the ADHD brain wired differently? A review on structural and functional connectivity in ADHD. Human Brain Mapping, 31(6), 904–916.
Faraone, S. V. et al. (2021). Attention-deficit/hyperactivity disorder. Nature Reviews Disease Primers, 7(1), 42.

Fazit: ADHS verstehen heißt, Vielfalt anerkennen

Das ADHS-Gehirn ist nicht fehlerhaft, sondern anders organisiert.
Es reagiert empfindlicher auf Bedeutung, Beziehung und emotionale Aktivierung – und kann in passenden Bedingungen außergewöhnlich kreativ, empathisch und produktiv sein.
Statt zu versuchen, „normal“ zu funktionieren, lohnt es sich, das eigene Gehirn zu verstehen und passende Rahmenbedingungen zu schaffen.
Denn ADHS ist weniger eine Störung der Konzentration – sondern oft ein Problem der Passung zwischen Mensch und Umfeld.

Das ist der Kern von Neurodiversität:
Nicht alle Gehirne funktionieren gleich, aber jedes kann gut funktionieren, wenn es verstanden wird.

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