„Schon im Kindergarten wusste ich, dass ich irgendwie anders war. Puppen spielen mit den anderen Mädchen fand ich langweilig, dafür bastelte und werkelte ich gerne. Stundenlang. Viel Zeit verbrachte ich im Garten versteckt in den Ästen meines Lieblingsbaumes, ohne etwas zu tun, einfach dasitzend und vor mich hinträumend. Die anderen fanden mich sicher etwas seltsam.
Später in der Schule war es dann leider nicht mehr möglich, so vor mich hinzuträumen. Immer gab es Aufgaben zu lösen, Antworten zu geben auf Fragen, die mich nicht interessierten. Die vielen Ermahnungen der Lehrer waren mir peinlich, und natürlich waren meine Leistungen nicht so gut, wie sie sein könnten.
Oft kam ich mir sogar ziemlich dumm vor. Um der Schule zu entkommen, träumte ich mich fort. Ich liebte es zu lesen und in andere Welten einzutauchen. Leider war ich dadurch im Alltag oft so geistesabwesend, dass ich viele Dinge vergessen habe. Dadurch wirkte ich wohl etwas verpeilt und seltsam. Das fühlte sich nicht gut an, denn wie wohl alle Menschen, wollte auch ich dazugehören und gemocht werden.
Um dieses Gefühl, nicht zu genügen, zu überspielen, spielte ich die Coole, der nichts etwas anhaben konnte. Eine Art weiblicher Nerd, wenn es das damals schon gegeben hätte. Dass ich ADHS haben könnte, daran hatte keiner gedacht.“ Marie, Mama von drei Kindern
ADHS bei Mädchen oft unerkannt
Während Jungs mit ADHS durch ihre Hyperaktivität und ihr impulsives Verhalten meistens sofort auffallen, kann das bei Mädchen ganz anders sein: Sie sind eher zurückhaltend, vielleicht sogar schüchtern und verträumt. Ihr ADHS wird daher oftmals nicht erkannt. Mit Jungs haben sie gemeinsam, dass es ihnen schwerfällt, sich auf langweilige Inhalte zu konzentrieren und Aufgaben zu Ende zu bringen.
Tagträumen, statt offene Rebellion
Anstatt lautstark zu rebellieren, wie Jungs mit ADHS das gerne tun, schweifen Mädchen mit den Gedanken ab und verlieren sich in Tagträumen. Diese Form von nennt man ADS, ohne das H für die äußere Hyperaktivität. Dabei leiden Mädchen oft unter innerer Unruhe, die sie nach außen nicht zeigen.
Mädchen versuchen, sich eher anzupassen und wollen nicht auffallen. Ihre Selbstzweifel und starken emotionalen Schwankungen überspielen sie. Das kostet viel Kraft und macht ängstlich und mutlos. Sie merken, dass sie irgendwie anders sind und ihnen die Schule schwerer fällt als den Mitschülerinnen. Obwohl sie alles andere als dumm sind, halten sie sich leider oft dafür.
Später in der Pubertät leiden einige Mädchen mit AD(H)S unter depressiven Verstimmungen, und sogar selbstverletzendes Verhalten, Essstörungen oder Anzeichen einer Angsterkrankung kommen vor. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns zu den anscheinend coolen, stillen, „pflegeleichten“, verträumten Mädchen hinwenden und ihre Bedürfnisse genauer anschauen.
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Mädchen mit AD(H)S in der Schule
Die Schwierigkeiten kommen oft erst in der Schule. Dann fällt auf, wenn ein Mädchen langsamer, verträumter, etwas schusselig ist. Typische Themen sind dann:
- vergesslich und verlegte Arbeitsmaterialien
- mangelnde Selbstorganisation
- langsames Arbeitstempo
- Mühe, sich alle Anweisungen von einer Aufgabe zu merken
- Flüchtigkeitsfehler
- leicht ablenkbar
- Noten schwanken stark, abhängig vom Lehrer
- zu spät kommen
- Stillsitzen fällt schwer
- Wenige Freundinnen, Außenseiterin
Mädchen mit AD(H)S haben Stärken!
Das Allerwichtigste ist aber zu wissen, dass die ADHS neben all den Problemen zugleich ein Wahrnehmungs- und Reaktionsstil ist, der einen zu Kreativität und Innovationen befähigt, der reaktionsschnell und in der Not bisweilen auch souverän macht, der Intuition und Spontanität befördert und bei subjektivem Interesse ungeachtet der Aufmerksamkeitsstörung eine große Konzentration und Höchstleistungen erlaubt. Solche Mädchen und Frauen braucht die Welt!
Cordula Neuhaus
Stärken von Mädchen mit ADHS:
- hohe Kreativität
- sportlich, mag Bewegung
- musisch, begabt in Tanz und Musik
- sehr sensibel
- emphatisch und warmherzig
- „Stehaufmännchen“
- souverän und cool, wenn es wirklich darauf ankommt
Bei allen Herausforderungen, die ADHS mit sich bringt, sind es ganz besondere Mädchen, auf die wir stolz sein können. Wenn wir ihnen mit Verständnis und Unterstützung begegnen, können sie erfolgreich und glücklich sein und unser aller Leben bereichern.
Wenn du deine Tochter – oder dich selbst – in dem Beschriebenen wiedererkennst und erfahren möchtest, wie du sie bestmöglich unterstützen kannst, melde dich zum kostenlosen Gespräch an. Dann besprechen wir, wie ich dir helfen kann und was die nächsten Schritte sind. Ich freue mich auf dich!
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4 Kommentare zu „ADHS bei Mädchen“
Sehr interessant. Ich war jahrelang Lehrer an einer Brennpunktschule. Jungs mit ADHS hatten wir mehr als genug. Aber Mädchen? Ich kann mich vielleicht an eine oder zwei erinnern.
Einfach, weil ich diese Info’s nicht hatte?
Nach dem Lesen dieses Textes fallen mir spontan drei Mädchen meines letzten Abschlussjahrganges (55 SuS) ein. Aber auf ADS wäre niemand gekommen.
Niemand! Weder wir Lehrer (ich habe die Mädchen 5 Jahre lang unterrichtet) noch die Soz Päds (die hatten andere Dinge zu tun)
Bitte gehen Sie an Schulen und helfen uns!
Vielen Dank, dass Sie Ihre Erfahrungen als Lehrer an einer Brennpunktschule schildern! Mädchen mit ADHS werden mit ihren Problemen leider oft nicht wahrgenommen, weil sie ihre Schwierigkeiten mit sich selbst ausmachen und im Gegensatz zu vielen Jungs nicht störend auffallen. Dabei könnte den Mädchen geholfen werden!
Weil immer mehr Lehrer auf mich zukommen, die ihre Schüler und Schülerinnen bei ADHS unterstützen wollen, erarbeite ich gerade ein Programm (Seminar) für Lehrer und Pädagogen.
Alles Gute!
Tolle Aufklärung! Ich bin sehr froh, dass über dieses Thema aufgeklärt wird. Ich bin selbst von ADS betroffen und hatte/habe als Mädchen/Frau mit vielen Selbstzweifeln kämpfen müssen. ADS wurde bei mir zwar als Kind erkannt, aber von meinen Eltern nicht unbedingt wahrgenommen. Ich wurde schon in der Grundschule als dumm oder faul abgestempelt. Sowohl von Lehrer*innen als auch Mitschüler*innen. Ich musste dreimal die Schule wechseln da ich zunächst auf die Hauptschule kam, nach einem Jahr auf das Gymnasium gewechselt habe und danach doch auf der Realschule gelandet bin. Wo ich schlussendlich, ohne lernen, den Abschluss geschafft habe. Das fehlende Interesse an diversen Fächern lag rückblickend stark an den Lehrer*innen und wie schmackhaft sie mir ein Thema verkauften. Eltern möchte ich gerne Mut machen! Ich bin heute 30 Jahre alt, habe mein Abitur nachgeholt, eine Ausbildung abgeschlossen und zudem meinen Bachelor absolviert. Wenn erstmal eine Leidenschaft geweckt wurde, kann man mit ADS Höchstleistung erreichen und vorallem auch im Berufsleben mit vielen Besonderheiten punkten. Heute sehe ich es als Chance und wünsche allen Mädchen, dass sie ADS auch als Chance sehen können. LG
So ein toller Weg! Vielen Dank für das offene und mutmachende Feedback! Das ist hilfreich für alle Mädchen und Frauen, die mit ADHS immer wieder mehr oder weniger zu kämpfen haben.
Alles Liebe und Gute für dich!