Vielleicht hast du dich schon mal gefragt, was im Kopf von ADHSlern vor sich geht? Im Coaching äußern Erwachsene und Kinder mit ADHS immer wieder, dass sie sich anders fühlen und nicht so recht dazugehörig. Aber warum ist das so? Ist dieses „Anderssein“ nur ein Gefühl oder funktioniert das Gehirn von ADHSlern wirklich anders?
Die Antwort lautet: Zwischen den Gehirnen von „Neuronormalos“ und Menschen mit ADHS bestehen tatsächlich große Unterschiede in der Art zu denken: „Neuronormalos“ denken überwiegend linear, also in kleinen nachvollziehbaren Schritten. Und Menschen mit ADHS – „Neurodiverse“ – denken divergent.
Was ist divergentes Denken?
- Bei einem Problem werden die Grundannahme und die Rahmenbedingungen nicht als unveränderbar hingenommen
- Sprunghafte Denkvorgänge und vage Assoziationen
- Auf den ersten Blick „unmögliche“ Lösungsansätze können zu innovativen Lösungen führen
- Gedankliches Abschweifen und Tagträumen können zur Problemlösung beitragen
- Nichts erscheint unmöglich: Grundlage für Innovationen
- Kreativität
Inspiration: https://www.adhspedia.de/wiki/Divergentes_Denken , abgerufen am 29.05.2022
Die Unterschiede zwischen linearem und divergentem Denken:
Lineares Denken | Divergentes Denken |
Selektiv, auf Details bezogen | Das große Ganze betrachtend |
Analytisch | Provokativ, hinterfragend |
Logisch, Schritt für Schritt | Sprunghaft |
Nebensächliches wird ignoriert | Nebensächliches wird bedacht |
Alle Einflussfaktoren liegen innerhalb eines definierten Systems | Dem Unwahrscheinlichen nachspürend |
Quelle: https://www.adhspedia.de/wiki/Divergentes_Denken, abgerufen am 29.05.2022
Lineares Denken kann der linken Gehirnhälfte (analytisches Denken) zugeordnet und divergentes Denken der rechten Gehirnhälfte (bildliches, intuitives Denken). Es gibt keine bessere oder schlechtere Art zu denken. Am erfolgreichsten denken wir, wenn wir beide Gehirnhälften benutzen. Wenn bei ADHS Hyperfokus und divergentes Denken aufeinandertreffen, sind geistige Höchstleistungen und innovative Lösungen möglich!
„Es ist die Fähigkeit, aus dem Gefängnis der alten Ideen auszubrechen und neue zu entwickeln. Diese Art zu denken, nenne ich laterales (divergentes) Denken […] das vertikale (lineare) Denken treibt die Ideen weiter, die das laterale Denken hervorgebracht hat. Man gräbt kein zweites Loch, wenn man ein bereits vorhandenes vertieft. Das laterale Denken wird angewendet, um woanders ein Loch zu graben“.
Edward De Bono, Mediziner und Kognitionswissenschaftler
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Zerstreutheit ist nicht nur ein Problem bei ADHS
Ein ähnliches Phänomen ist „Mind Wandering“, der englische Begriff für Zerstreutheit. Also mit den Gedanken woanders sein, abschweifende Gedanken, Tagträumen, …
Inzwischen gibt es Studien, nach denen der Grundzustand unseres Gehirns die Zerstreuung sei und nicht die Konzentration. Das würde beweisen, dass ADHSler eben nicht unnormal sind! Ihnen fällt es allerdings viel schwerer ihre Gedanken zu steuern, weil sie sich leicht von Reizen aus der Umgebung, plötzlichen Ideen und Gedankenblitzen ablenken lassen. Aber wie wir gesehen haben hat diese Art, mit offen Sinnen durch die Welt zu gehen, auch ihre Vorteile.
Wenn du mehr zu „Mind Wandering“ wissen willst: https://www.studienscheiss.de/mind-wandering/
„Mind Wandering“ ist besonders bei ADHS hinderlich
- immer wieder den Fokus verlieren und nur mühsam zur Konzentration zurückfinden
- Abschweifen kann zur Gewohnheit werden
- enormer Zeitverlust
- vom Thema abschweifen und den roten Faden verlieren
- an Nebensächlichkeiten hängen bleiben
- Gedanken anderer verstehen
- Missverständnisse, denn die meisten denken linear
- Andere können sprunghafte Gedankengänge nicht nachvollziehen
- endloses Hinterfragen und stures Beharren
- Ungeduld, denn: „Es ist ja klar, was ich meine.“
Vielleicht kommt dir einiges aus der Liste bei deinem Kind oder dir selbst bekannt vor?
Mit einem zerstreuten Geist umgehen lernen
Sehr hilfreich sind Achtsamkeit, also „Im Hier und Jetzt sein“, Mediation und Yoga. Durch regelmäßige Meditation verändert sich das Gehirn nachweislich.
Auch für Kinder gibt es Meditationskurse, Bücher, MP3s und APPs mit geführten Mediationen und Fantasiereisen.
Seinen zerstreuten Geist akzeptieren
Ein gewisser Grad an Zerstreuung und Ablenkbarkeit ist ganz normal. Menschen mit ADHS haben allerdings viel davon. Deshalb sprudeln sie über vor Ideen und Plänen und lassen sich auf der anderen Seite leicht vom Wesentlichen ablenken.
Motivierende Ziele schaffen
Dem Gehirn muss klar sein, dass eine Aufgabe extrem wichtig ist. Sozusagen überlebenswichtig! Dann lässt es sich nicht ablenken. Du kennst das vom Hyperfokus, der für ADHS so typisch ist.
Wenn das Ziel klar ist, schafft klare Strukturen. Erarbeitet Schritt- für Schrittpläne, wie das Ziel für dein Kind – oder dich selbst – zu erreichen ist.
Erinnerungshilfen
Erinnere dein Kind alle zwanzig bis dreißig Minuten daran, ob es noch bei der Sache ist. Ältere Kinder können automatische Erinnerungen auf dem Smartphone erstellen.
Legt Pausen ein, in denen dein Kind seine Gedanken bewusst schweifen lässt
Je länger dein Kind konzentriert arbeitet, desto stärker wird sein innerer Drang, mit den Gedanken abzuschweifen. Unsere Gehirne sind so programmiert – wir können nichts dagegen tun. Deshalb ist es klug, von Zeit zu Zeit dem Abschweifen nachzugeben. Legt regelmäßige Pausen ein und erlaube deinem Kind, in diesen Phasen gedanklich abzuschweifen. Und dann kehrt zurück, um konzentriert weiterzuarbeiten.
https://www.studienscheiss.de/mind-wandering/
Fassen wir zusammen:
Es ist also normal, wenn unsere Gedanken immer wieder auf Wanderschaft gehen. In der Evolution, als viele reale Gefahren lauerten, war dieses „Auf-der-Hut-sein“ eine überlebenswichtige Funktion des menschlichen Gehirns. Aber heutzutage, wo uns im Alltag keine wilden Tiere bedrohen, können wir uns deshalb nur schwer auf Hausaufgaben und unsere Arbeit konzentrieren.
Dazu kommt die Reizüberflutung der Medien und unsere schnelllebige Zeit.
Gerade Menschen mit ADHS lassen alle Reize ungefiltert an sich ran. Diese Reizoffenheit gehört ja zu den Grundsymptomen von ADHS. Deshalb achtet darauf, eine ablenkungsarme Umgebung zu schaffen, wo immer es möglich ist. Bei Aufgaben, die Fokus erfordern, sollen auf konzentrierte Phasen immer kleine Pausen folgen.
Die Gedanken schweifen zu lassen, ist der Grundzustand des Gehirns und daher völlig normal. Dies im Hinterkopf zu haben, ist schon mal entlastend.
Divergentes Denken, also offen zu sein für scheinbar abwegige, ungewöhnliche Lösungsansätze, ist eine Begabung! Diese Fähigkeit ist die Voraussetzung für Innovationen.
Klare Ziele und Strategien, wie diese Ziele zu erreichen sind, in Kombination mit divergentem Denken, machen Ausnahmeleistungen erst möglich.
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